Interview mit Dieter Weber (abgedruckt in der Zeitschrift Wohnen & Haus). Er berät Kundne seit über 40 Jahren in den Bereichen Altersvorsorge und Geldanlage. Dieter Weber zählt zu den Top Beratern in Berlin –von Kunden bewertet auf WhoFinance.de, Deutschlands führendem Bewertungsportal für Finanzberater.
Wohnen&Haus: Gibt es wissenschaftliche Untersuchungen von Investitionsfehler ?
“Ja. Das Spezialfeld verhaltensorientierte Finanzierungslehre (engl. behavioral finance) beschäftigt sich mit irrationalem Verhalten auf Finanz- und Kapitalmärkten. Anleger sind nur Menschen. Und Menschen entscheiden sich gerade in kritischen Situationen überwiegend emotional. Das hat mit unserer Gehirnstruktur zu tun. So wachsen Depots oft über einen längeren Zeitraum hinweg, ohne Kontrolle von Risiko und Wertentwicklung. Viele Depots weisen darüber hinaus bereits bei der Erstzusammenstellung grundlegenden Investitionsfehler auf. Diese führen dazu, dass die Struktur vieler Anlagebestände äußerst ungünstig ist. Dies gilt nicht nur für Depots, die von Privatanlegern allein zusammengestellt wurden, sondern auch für solche, die aufgrund von Empfehlungen eines Anlageberaters entstanden sind. Anlageberater sind eben auch nur Menschen.
Wohnen&Haus: Wo liegen denn die häufigsten Fehler und was ist zu beachten?
“Empirische Studien und wissenschaftliche Untersuchungen legen bei Privatkundendepots immer wieder dieselben entscheidenden Investitionsfehler offen:
- Risikoballungen: Beschränkung auf nationale Werte, Branchen und / oder auf wenige Einzeltitel, doch erst wer breit Streut, rutsch nicht so schnell aus.
- Auswahl nach veröffentlichten Hitlisten, aber Wertentwicklung ist nicht alles, andere Kriterien sind auch wichtig und was nützt Ihnen die Betrachtung der Vergangenheit!?
- Befolgen von Modetrends entspricht einem prozyklischen Verhalten und Masse ist selten Klasse.
- Heisse Tipps und Selbstüberschätzung, doch: „Das größte Hindernis von Entdeckungen ist nicht die Dummheit – es ist die Illusion von Wissen“ (Daniel J. Buoostin).
- Getroffen Entscheidungen, gerade bei entstandnen Verlusten, nicht revidieren können. Hier hilft die Frage: Würde ich mit meinen heutigen Erfahrungen wieder so handeln?
- Weltuntergangsstimmung – Die Zeiten sind andere – gibt es nicht. Exzesse, sowohl nach oben, wie nach unten, korrigieren sich meist von selbst. Der Mut, antizyklisch zu investieren, wird oft belohnt.
- Verlustaversion: Die meisten Menschen empfinden mehr Bedauern über etwas, das sie getan haben, als über etwas, das sie nicht getan haben.
- Ungeduld und Gier: Timing ist keine Stadt in China und Kapitalerhalt geht vor Rendite. Unterscheiden Sie zwischen lang- (10 Jahre und länger) mittel- (2-9 Jahre)- und kurzfristigen (bis 2 Jahre) Investitionen.”
Wohnen&Haus: Wie treffe ich eine gute Anlageentscheidung?
“Nicht der richtige Zeitpunkt oder die richtige Einzeltitel entscheiden über den Erfolg einer Vermögensanlage, sondern Untersuchungen zeigen, dass bis zu 90 Prozent der Wertentwicklung eines Portfolios von seiner optimalen Struktur (Diversifikation) abhängen.
Ein Zitat dazu von Harry M. Markowitz, Nobelpreisträger für seine Portfoliotheorie: „Diversifikation ist an der Börse das Einzige, was umsonst ist“.
Um die durchschnittlich besseren Renditen zu erzielen, verwenden professionelle Portfoliomanager (institutionellen Investoren), im Unterschied zu den meisten Privatanlegern, große Sorgfalt auf die Asset Allocation, die systematische Verteilung (Allocation) von Vermögenswerten (Assets) auf verschiedene Anlageklassen wie Aktien, Anleihen, Cash, Alternative Investments, Private Equity, Immobilien, Schiffe, Wald, Rohstoffe etc. Das heißt, sie widmen der Struktur eines Wertpapierportfolios besondere Aufmerksamkeit und versuchen so, vermeidbare Risikoballungen zu vermeiden. In der Praxis erfolgt dies durch umfangreiche finanzmathematische Berechnungen basierend auf geeigneten Portfoliotheorien.”